von Gottfried Schalow

Sebastian Markowitz (VfL/vorn) mit breiter Brust gegen Andis Shala und Telmo Teixeira-Rebelo (rechts). (FOTO: ANDREAS LÖFFLER)
HALLE (SAALE)/MZ. Natürlich, es war nur als munterer Zeitvertreib an einem recht frühlingshaften Sonnabend-Nachmittag gedacht, weil der Hallesche FC und der VfL 96 keine andere Chance für ernsthafte Betätigung hatten. Weil die angesetzten Punktspiele gegen Halberstadt und Zwickau schon lange zuvor abgesagt worden waren, hatten die Teams kurzfristig ein Testspiel gegeneinander vereinbart. Ein Stück weit Bewegungstherapie, damit die Spieler nicht einrosten.
Auf dem Kunstrasenplatz im Neustädter Stadion am Bildungszentrum kam ein munteres Scheibenschießen heraus. Der HFC spielte den VfL mit 7:0 an die Wand. Und - Test hin oder her - dieses Ergebnis machte dann doch nachdenklich. Da spielten die Nummer eins und die Nummer zwei in Halles Fußball-Hierarchie. Offiziell trennt beide Vereine nur eine Liga. Doch an diesem Nachmittag waren es Welten. "Der Klassenunterschied war deutlich", so HFC-Co-Trainer Dieter Strozniak.
Chef-Trainer Sven Köhler setzte sogar noch einen drauf, als er von einem "sehr guten Testspiel" sprach und dann anmerkte, dass "sogar noch mehr Tore möglich" waren. Und das, obwohl er munter experimentierte und durchgängig mit zwei gelernten Stürmern spielte. Erst Andis Shala mit Michael Preuß, dann Shala mit Angelo Hauk. Die Tore fielen in regelmäßigen Abständen, Shala und Hauk steuerten ihren Teil mit dem 2:0 und 6:0 bei.Sind der HFC, Tabellendritter in der Regionalliga, und der VfL 96, Letzter in der Oberliga, inzwischen tatsächlich so weit voneinander entfernt? Zwei Vereine, die sich eigentlich gegenseitig brauchen. Zumindest war das in der Vergangenheit so. Nationalspieler Dariusz Wosz und Steffen Karl erlernten beim VfL 96 das Fußball-Handwerk. Gestandene HFC-Profis wie Giesbert Penneke, Andreas Wagenhaus und Torwart Jens Adler spielten 1999, also vor gerade mal 13 Jahren, beim VfL in der Regionalliga Nordost, das war damals die dritthöchste deutsche Spielklasse.
Der VfL war da die Nummer eins in der Stadt, weil der HFC nach dem Abstieg aus der zweiten Bundesliga 1992 bis in die fünftklassige Verbandsliga durchgereicht worden war. Im neuen Jahrtausend gab es dann den umgekehrten Weg. Spieler wie Georg Ströhl, René Beßler, Robin Huth oder Martin Wehlert, die es beim HFC nicht in die erste Mannschaft geschafft hatten, wurden im VfL-Stadion am Zoo Leistungsträger.
Aber macht dieser Weg künftig noch Sinn bei sieben Toren Unterschied? Oder sind aufstrebende Vereine wie Edelweiß Arnstedt künftig die besseren Adressen in der Region? Nach Arnstedt wechselten ja schon in der Winterpause die beim VfL ausgemusterten Christian Sund und Ströhl. Der eine war Kapitän, der andere der erfolgreichste Torschütze.
Stephan Neigenfink, der im Winter beim VfL verbliebene Leistungsträger, hat den Klassenunterschied am Sonnabend natürlich auch registriert. "Das war heftig, alles andere als schön." Aber Neigenfink führt auch nachvollziehbare Gründe für die deftige Abfuhr an. "Da konnte eigentlich auch nichts anders rauskommen. Der HFC kann schließlich zwei Mal täglich in einem hochmodernen Stadion trainieren. Wir dagegen sind reine Freizeitfußballer."
So sieht der Alltag beim VfL in diesen Tagen aus: Weil der eigene Platz unbespielbar ist, tingeln die Spieler zwischen den Kunstrasenplätzen Lieskau und Bildungszentrum hin und her, eine vernünftige Vorbereitung auf die Oberliga-Rückrunde sieht anders aus. "Wir können nur hoffen, dass wir bald vernünftig trainieren können. Wir wollen beweisen, dass wir viel besser sind als unser gegenwärtiger Ruf", sagt Neigenfink.
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Quelle:http://www.mz-web.de
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