02.10.11 MZ - So doof kann man nicht sein

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02.10.11 MZ - So doof kann man nicht sein

Beitragvon momo » Mo 3. Okt 2011, 08:58

«So doof kann man nicht sein»
Sprachlosigkeit gehört zum täglichen Leben. Meist ist sie ein sichtbares Zeichen, dass man etwas Aufregend-Neues kennen gelernt hat und eine Weile braucht, um zu kapieren, wie einem geschah.

Sprachlos waren sie am Sonntag alle beim VfL Halle 96. Die Oberliga-Fußballer hatten gegen Wacker Gotha in den letzten zwei Minuten regulärer Spielzeit plus fünf Nachspielminuten ein verdientes 2:0, an dessen Berechtigung es nichts, aber auch gar nichts zu deuteln gab, noch weggeworfen. Es wäre der erste Sieg in einer komplett verkorksten Saison gewesen. Kapiert hatte zunächst niemand, was da passiert war.

Mit dem 2:2 ist die Sinnkrise am Zoo wieder da. Darüber reden wollte am Sonntag kaum jemand, auch aus Angst, über das Ziel hinauszuschießen. Redebedarf aber gibt es reichlich. Denn was der VfL ablieferte, war fahrlässig und laienhaft. Auch Trainer Thomas Diedrich wird sich auf taktische Mängel hinterfragen lassen müssen.

Was hatte den Mannen in Blau und Rot die Stimmung so verhagelt? Nach 88 Minuten führten sie durch Tore von Steve Braun in der 29. und Georg Ströhl in der 48. Minute mit 2:0. Die Zuschauer hatten ihnen die Aussetzer der letzten Wochen längst verziehen, hatten das in seiner Wortwahl unmissverständliche Transparent "Wer nicht kämpft, verliert seine Fans" längst eingerollt. Stattdessen sangen sie versöhnt "Auf geht's: kuscheln und siegen."

In der zweiten Halbzeit spielte der VfL 96 tatsächlich richtig guten Fußball, hätte 4:0, 5:0, 6:0 führen müssen. Doch irgendwie wollte jeder beweisen, dass er an diesem herrlichen Spätsommer-Sonntag in der Lage ist, das Tor des Gegners eben nicht zu treffen.

Spätestens an dieser Stelle und spätestens zehn Minuten vor Schluss hätte Diedrich das Zeichen geben müssen, das an diesem Tag sinnlose Nach-vorn-Rennen und Daneben-Zielen einzustellen. Ball halten, die Uhr herunterspielen. Alles wäre gut gewesen. Doch der VfL stürmt weiter - und blind ins Verderben. Er fängt sich noch zwei Kopfballtore von Andy Brandau ein. Fast überflüssig zu erwähnen, dass es die ersten Torchancen überhaupt für die bis dahin hoffnungslos unterlegenen Thüringer waren.

Stefan Karau rennt nach dem Schlusspfiff voller Wut in Richtung Trainerbank, tritt dort nach allem, was ihm vor die Füße kommt. Getränkeflaschen, selbst der Arztkoffer müssen dran glauben. Georg Ströhl, in der 83. Minute mit einer Knöchelverletzung ausgewechselt, ist zu einem Kommentar mit ganzen zwei Worten fähig. "Eine Frechheit", sagt er und bricht danach abrupt ab. Wen und was er damit gemeint hat, bleibt für's erste sein Geheimnis. Robin Huth wird nach ein paar Minuten des In-sich-Gehens deutlicher: "So doof kann man nicht sein und sich bei 2:0 noch zwei Kontertore einfangen." Den nächsten Satz fängt er mit Abwehr und Torwart an, dann bricht er schnell ab. Er ist in diesem Moment intelligent genug, um zu erkennen, dass gegenseitige Schuldzuweisungen zu nichts führen.

Aber immerhin: Die wenigen Worte, die unübersehbaren Reaktionen machen deutlich: Beim VfL 96 stimmt in diesen Tagen wenig bis nichts. Es gibt Redebedarf, vermutlich sogar Handlungsbedarf.
Wo kämen wir hin, wenn alle nur sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge, um zu sehen wohin wir kämen, wenn wir gingen. Kurt Marti
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