Der Marc Wilmots vom Zoo
VfL-Akteur Stefan Karau (links/gegen Zwickaus Tom Wilhelm) will sich im Abstiegskampf behaupten. (FOTO: A. LÖFFLER)
Halle (Saale)/MZ. Stefan Karau zuckt noch nicht einmal zusammen, wenn die außerhalb des Fußballfeldes doch gewöhnungsbedürftige Bezeichnung Kampfschwein fällt. Warum auch? Er weiß ja sowieso, dass er und kein anderer damit gemeint ist. Und er kann mit dem Kampfnamen leben, denn der Belgier Marc Wilmots hat im Schalke-Trikot vor einem guten Jahrzehnt das Kampfschwein ja fast hoffähig gemacht.
"Jede Mannschaft braucht einen Typen, der den Rasen umpflügt, der keinem Zweikampf aus dem Wege geht. Einen, den man hört, möglichst von einem Tor zum anderen", sagt Stefan Karau zu dieser, seiner Rolle, die ihm seit frühester Jugend auf den Leib geschrieben ist. "Meine Freunde erzählen mir immer, ich sei auf dem Fußballplatz ein ganz anderer Mensch", sagt Karau. Er selbst vermag das nicht so recht zu beurteilen, "denn ich bin ja auch sonst nicht unbedingt leise oder gar schüchtern".
Karau fällt auf dem Platz auf. Äußerlich mit den langen Koteletten, den pechschwarzen, fast ins Gesicht fallenden Haaren, die zumeist von einem Stirnband zusammengehalten werden. Aber vor allem mit der lauten, durchdringenden Stimme, die keinen Zweifel daran aufkommen lässt: Alles hört auf sein Kommando. Obwohl er selbst erst 25 Jahre alt ist.
Karau wird gebraucht. Vor allem jetzt mitten im Abstiegskampf des VfL Halle 96 mit den beiden anstehenden Heimspielen gegen Borea Dresden (Sonnabend, 14 Uhr) und Sachsen Leipzig (Mittwoch, 18.30 Uhr). "Schön, dass wir am Sonntag in Magdeburg gewonnen haben, aber das ist eigentlich schon abgehakt. Wichtig ist, dass wir das jetzt veredeln. Dann hätten wir für den Rest der Saison etwas Ruhe", sagt Karau. Diesmal recht leise, denn es ist nicht unbedingt sein Ding, in der Öffentlichkeit den großen Max zu machen, seine Verdienste besonders herauszustellen. Das tun andere. Zum Beispiel Trainer Thomas Diedrich, der immer wieder gern daran erinnert, was er bei seinem Amtsantritt im November am Zoo vorgefunden hat: Eine recht mutlose, verunsicherte Truppe. Mit einer wesentlichen Ausnahme, und die war eben Stefan Karau. "Der gibt bei jedem Training hundert Prozent. Dem muss ich nicht zwei Mal sagen, worum es geht", so der Ritterschlag des Trainers.
Karau hat seinen Job verinnerlich. Besser gesagt: Mit Stefan Hammermüller und Detlef Schößler haben ihm das zwei Trainer so eingeimpft. Logisch, dass die beiden zu ihrer aktiven Zeit selbst ebenfalls fürs Grobe zuständig waren. Das war bei Sachsen Leipzig, dort hat Karau, der aus dem kleinen Dörfchen Süptitz bei Torgau stammt, den Sprung in die Männer-Mannschaft geschafft.
Nach einer kurzen Zwischenstation in Eilenburg rief dann Halle. Sportlich der VfL, beruflich ein Sportgeschäft, in dem er seit vier Jahren als Verkäufer tätig ist. Das ist dann das genaue Gegenstück zu den manchmal doch ach so rauen Sitten auf dem Fußballplatz. Besonders charmant soll er dort sein, der Stefan Karau, besonders, wenn junge, attraktive Frauen einzukleiden sind. Karau lacht bei dieser Vorstellung lauthals. "Das wäre ja dann der Idealfall", sagt er und die nächste Lachsalve folgt.
Karau hat also sein berufliches und sportliches Glück gefunden. Beim "VfL, für den ich noch viele Jahre spielen will". Dabei setzt er stillschweigend voraus, dass er damit natürlich die Spielklasse Oberliga meint. "Dafür bin ich dann auch bereit, weiter jeden Tag aus Leipzig anzureisen. Kein Problem." Er kennt das ja auch seit frühester Jugend nicht anders. Weite Wege hatte er immer. Von Torgau nach Leipzig, von Leipzig nach Eilenburg. Und weite Wege, die sind auch auf dem Fußballplatz das Markenzeichen des Marc Wilmots vom Zoo.
Quelle: http://www.mz-web.de
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