Hoppingberichte

Off-topic. Alles was Euch sonst so bewegt und nicht direkt mit Halle 96 und der aktuellen Saison zu tun hat.

Re: Hoppingberichte

Beitragvon BengalOO » Mi 15. Jun 2011, 23:58

Morgen gehts nach Schweden ... werde mir wohl 2.Liga und 1.Liga ansehen.

Hammarby @home am 18.06. und Malmö@home am 03.07. :-)
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Re: Hoppingberichte

Beitragvon Arik » Sa 18. Jun 2011, 10:31

BengalOO hat geschrieben:Morgen gehts nach Schweden ... werde mir wohl 2.Liga und 1.Liga ansehen.

Hammarby @home am 18.06. und Malmö@home am 03.07. :-)


Hammarby soll sich lohnen. Malmö ist aber wohl auch gut was los.
Ist in Schweden noch Saison?
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Re: Hoppingberichte

Beitragvon Darren » So 19. Jun 2011, 21:31

Soweit ich weiß richtet sich dort die Saison nach dem Kalenderjahr. Geht es nach der FIFA könnte uns das ja Richtung 2022 auch bevorstehen. Fussball bei 40°C im Schatten ist doch immer was feines...Dann lieber bisl frieren...
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Re: Hoppingberichte

Beitragvon Arik » So 19. Jun 2011, 22:18

Mein Wienbericht:

Wiener Sportklub - Ostbahn XI 6-1 (20.05.2011 im Wiener Sportclub-Platz)

Wenn man schon mal für ein verlängertes Wochenende nach Wien fährt, sieht man sich, wenn man die Möglichkeit hat, nicht nur ein Spiel an. So zog es uns am Freitag vor dem Derby in Wien zum Spiel des Wiener Sportklubs, der im Mittelfeld der österreichischen Regionalliga (=3.Liga) spielte. Der Gegner des Tages war die „Ostbahn XI“. Das Stadion, der älteste Sportplatz Österreichs, ist recht weit vom Stadtzentrum entfernt; es ist wirklich sehr nett und absolut Old-School. Die alte überdachte Hauptribüne wirkt etwas klobig und ist bei fast allen Spielen recht gut gefüllt. Auf der Gegengeraden befanden sich keine Zuschauer, sondern nur eine Mauer mit einzelnen Werbebannern („Fleischerei ,Metzger´“) und einige Bilder. Wir gingen auf die Friedhofstribüne, in der sich die aktivsten Fans einfanden.. Die meisten der Leute waren Punks, Alternative und Alt-Linke; man fühlte sich etwas wie bei der Hanf-Parade. Eigentlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass sich „St.-Pauli“-Devotionalien bei den Anhängern des Sportklubs großer Beliebtheit erfreuten. Die meisten Leute kamen zum Spiel, um mit Bekannten zu reden und nebenher Fußball zu gucken. Organisierten Support gab es nicht; hin wieder wurde etwas geblökt oder gesungen; es ging dabei allerdings mehr darum, die Mannschaft anzufeuern als gegnerische Ultras zu beeindrucken, was ja nicht für viele Fans in anderen Stadien wichtiger zu sein scheint. Das Spiel selbst hatte etwas Slapstickhaftes: Der Sportklub gewann sicher mit 6:1, beide Teams spielten aber sehr schlecht und stolperten mal über die eigenen, mal über andere Beine. Es war durchaus dilettantisch, was sich auf dem Feld zutrug, aber auch ausgesprochen unterhaltsam. Auf den Rängen ging es locker und fair zu; der Mannschaft von Ostbahn XI wurde nach dem Spiel applaudiert, was nicht höhnisch gemeint war. So entspannend kann Fußball also auch sein. Der Wiener Sportklub ist ein idealer Ort, um ein paar Bier zu trinken, eine Wurst namens „Käsekrainer“ zu essen (ein Verkäufer auf die Frage, was ein Käsekrainer sei: „Na ein Krainer mit Käse“ - „Ah, besten Dank“) und um eine ausgesprochen entspannte Stadionatmosphäre zu genießen.

SK Rapid Wien - FK Austria Wien Abbruch bei 0:2 (22.05.2011 im Gerhard-Hanappi-Stadion)

Zweifelsohne gehört das Wiener Derby zu einem der besten Spiele im deutschsprachigen Raum. Zumindest was die Fanszenen und die Stadionatmosphäre anbelangt, brauchen sich weder die Austria noch Rapid vor anderen Kurven verstecken. Gerade nach Österreich schwappte Anfang/Mitte der 90er die Ultrá-Bewegung von Italien über; es entstanden viele Gruppen, denen der italienische Einfluss anzusehen war. Während es in Italien vielfältige Repressionen gegen die dortigen Ultraszenen gab und gibt, ist die staatliche Gewalt – selbstverständlich von vielen Ausnahmen abgesehen – in Österreich recht zurückhaltend gewesen. Unter diesen Vorzeichen konnte sich also eine zum Teil recht einflussreiche Fußballfanszene entwickeln, die über die Jahre hinweg gewachsen ist. Gerade bei den zwei großen Wiener Vereinen, die beide traditionell viele Anhänger haben, kam zur gern gepflegten Rivalität Ende Mai am vorletzten Spieltag der österreichischen Bundesliga die sportliche Konkurrenz hinzu. Zumindest die Austria machte sich zu diesem Zeitpunkt Hoffnung auf den Titel, während Rapid weit abgeschlagen im Mittelfeld festsaß.
Leider bekamen wir für das Spiel nur Karten für den Gästeblock und mussten daher mit den Austrianern das Derby besuchen. Gemeinsam mit knapp 2.000 Austriafans fanden wir uns am Wiener Opernplatz ein, um von dort aus in Richtung Stadion zu fahren. Am Treffpunkt waren wir allerdings sehr schockiert, was für ein Pack – und ich neige sonst nicht zu solch platten Pejorativen – zugegen war. Eklige Schlägertypen, Nazis, Suffköppe und andere Dumpfomaten schienen den Kern der Austria-Fanszene auszumachen. „Thor Steinar“-Kleidung und sehr viele, sehr unangenehm wirkende Leute mit „Slovan Bratislava“-T-Shirts, denen man sehr gut zutrauen konnte, bei den Angriffen während des Spiels von Slovan gegen den VfB Stuttgart im August 2010 mitgemischt zu haben. Kaum jemand vor Ort wirkte wirklich zivilisiert oder halbwegs sympathisch. Vergeblich suchten wir für uns eine Ecke, in der normalere Menschen standen, unter die wir uns hätten mischen können. Der Weg in die U-Bahn war dementsprechend bedrückend. Auf engstem Raum mit Leuten, die einen immer wieder musterten; in den Unterführungen gab es überall La Bombas und Rauch. Auf die erste, schwer überfüllte Sonderbahn verzichteten wir, in der zweiten Bahn im letzten Abteil war die Anreise etwas entspannter. Allerdings stieg auf dem Weg ein Rapidfan mit einem „Nationaler Widerstand Deutschland“-Shirt ein, der zwar nicht nach „Szene“ aussah, die ganze Situation aber dennoch grotesker machte. Das Gesamtpaket der bislang gesammelten Eindrücke brachte mir schließlich von meiner eigentlich nicht fußballaffinen Begleiterin vorwurfsvolle Blicke ein, weshalb ich sie sie zu so einem Spiel schleppte.
An der U-Bahn-Station in Stadionnähe warteten die Leute von der ersten Bahn, damit gemeinsam weitergegangen werden konnte. Da wir trotz unauffälliger Kleidung (ich trug ein nichtssagendes T-Shirt, meine Begleiterin ein Kleid) immer wieder gemustert wurden, sangen wir, um nicht noch weiter aufzufallen, die Austrialieder widerwillig mit. Ich weiß bislang auch nicht, ob das Misstrauen daher rührte, dass man uns für Rapidler, Polizisten, Presse, Hopper oder einfach nur für Fremde hielt; angenehm war es jedenfalls nicht. Aufgrund massiv eingesetzter Pyrotechnik war der Weg zum Stadion allerdings recht spannend. Überall brannten Büsche und Gräser an der Böschung zur S-Bahn. Der Mob ließ es sich auch nicht nehmen, auf miese Assiart irgendwelche Leute an den Fenstern zu beleidigen und anzupöbeln. Begleitet wurden wir von erstaunlich wenigen Polizisten, was etwas verwunderlich war, da die Gewaltfreude vieler Austrianer mehr als augenscheinlich war. Am Stadion angekommen dauerte es – nicht nur gefühlt – ewig, bis wir die Sicherheitsschleusen passieren konnten. Ganz so, als wäre es für die Ordnungskräfte eine große Überraschung, dass 2.500 Gästefans in das „Gerhard-Hanappi-Stadion“ kommen würden. Im Stadion selber suchten wir uns einen ruhigen Platz am Rand mit prima Blick auf das Spielfeld und auf den schon recht beeindruckenden „Block-West“ von Rapid. Unterhalb der Kurve wurde ein Banner gezeigt, das klar macht, worum es den Rapidlern an diesem Tag ging: „Auch ein Sieg kann die verschissenene Saison nicht retten. Zerstört heute wenigstens die Titelträume der Violetten!“. Zu meiner Enttäuschung gab es zum Einlaufen der Teams keine Pyrotechnik. Austria hatte eine Luftballonchoreo, Rapid zog eine ansprechende Blockfahne auf. Die Stimmung beider Teams war okay; allerdings hätte ich ein klein wenig mehr erwartet. Wenn der ganze Heimbereich gemeinsam etwas sang, wirkte es schon sehr gut. „Block-West“ und die Austrianer waren beide durchgehend am Singen, wobei viele Lieder oft nur vom Kern der jeweiligen Szenen getragen wurden. Recht zeitig fiel der Führungstreffer für Austria, der mit einigen wenigen Bengalos gefeiert wurde. Hierbei, sowie bei der Anreise intervenierten weder Polizei noch Ordner. Als in der 26. Spielminute schließlich das zweite Tor für Austria fiel, ging es sehr schnell. Gerade noch hatten sich einige Polizisten, die hinter uns standen, über das Tor gefreut, und schon stürzten sie in Richtung Spielfeld, bevor man die ersten Rapidler auf dem Rasen sehen konnte. Circa 200, nur zum geringen Teil Vermummte stürmten den Rasen und rannten auf den Austriablock zu. Die Polizei reagierte schnell und konnte den Mob davon abhalten, bis an den Gästebereich zu gelangen. Daraufhin wurde Leuchtspur in den Block geschossen, der einigen Austrianern Brandflecke eingebracht hatte. Einige Pyros wurden zurückgeschossen, aber Treffer konnte ich nicht sehen. Die Austrianer blieben sehr ruhig und machten keine Anstalten, ebenfalls den Platz zu stürmen. Schließlich trieb die Polizei den Mob dann wieder in Richtung „Block-West“. Großartig waren dann auch jene Austriafans, die zu den Rapidlern gestikulierten, dass sie rankommen sollten, als diese bereits von der Polizei vertrieben wurden. Vor dem Heimbereich gab es dann schließlich immer wieder Auseinandersetzungen mit der Polizei, die nun auch Pfefferspray einsetzte, um die Fans vom Rasen zu bekommen. Letztlich dauerte es 20 Minuten bis der Platz endgültig geräumt war. Die beiden Mannschaften und der Schiedsrichter wollten die Partie zwar fortsetzen, die Polizei konnte aber nicht mehr für die Sicherheit garantieren. Der daraufhin folgende Spielabbruch sorgte dann für großen Jubel bei den Austrianern. Unter Polizeibegleitung wurden man schließlich wieder zur U-Bahn geleitet. Unterwegs gab es wieder einige Bengalos; eine Familie an einem Fenster wurde schließlich noch von dem ganzen Mob angepöbelt – zumindest ist uns niemand aufgefallen, der der Meute sagte, dass es völlig lächerlich und total sinnlos ist, eine Familie so dumm anzumachen. Für uns war dies allerdings nachdem, was wir an dem Tag gesehen hatten, nicht überraschend. Als uns dann im Gedränge eine Gruppe Jugendlicher immer näher rückte und immer aggressiver abcheckte, beschlossen wir uns, baldmöglichst abzusetzen. Die Erleichterung war dann schließlich groß, als wir uns aus einem der ekligsten Mobs entfernt hatten, in dem ich jemals gewesen bin.

Am gleichen Abend gewann übrigens Fenerbahçe die türkische Meisterschaft. In Wien zogen etwa 120 Fans feiernd und singend durch die Stadt. Selbst die Fans des eigentlich unangenehmsten der drei großen Istanbuler Vereine wirkten gegen die am Tag gesehenen Fans wie die Speerspitze der Aufklärung.
Arik
 

Re: Hoppingberichte

Beitragvon Arik » So 19. Jun 2011, 22:19

Und Istanbul:


Als ich mich im Oktober 2010 entschlossen hatte, im darauffolgenden März das Derby in Istanbul zu besuchen, hatte ich noch keine Ahnung, wie schwer es werden würde, an Karten zu kommen. Der Weg über die Vereine, über diverse Fanklubs in der Türkei und in Deutschland sowie über alle möglichen Fußballkontakte in beiden Ländern war lange Zeit äußerst erfolglos. Die Nervosität und die Anspannung stieg; der worst case, also ohne Tickets in Istanbul zu sein, wenn Galatasaray den Erzfeind Fenerbahçe empfängt, schien wahrscheinlich. Erst wenige Tage vor dem Spiel bekamen meine Begleiterin und ich über jemanden aus einem Fußballforum einen Kontakt nach Istanbul vermittelt, der uns seine Dauerkarten für einen entsprechenden Preis überließ (120 Euro wurden dafür schon hingelegt). Die Erleichterung war groß, das Geld – nun ja – egal.

Wir waren schon einige Tage vor dem Spiel in der Stadt, um es uns bei Köfte und Efes gut gehen zu lassen. Auch ohne Fußball ist Istanbul immer ein nettes Reiseziel für einen Kurzurlaub.
Am Vorabend des Derbys sahen wir vor allem im Zentrum der Stadt Menschen mit Trikots beider Teams; es wirkte aber alles, entgegen unserer Erwartung, angenehm entspannt. Am 18. März, also dem Spieltag, trafen wir uns mit den Freunden der Dauerkarteninhaber zur Kartenübergabe und zum gegenseitigen Kennenlernen. Außer uns waren noch einige türkischstämmige Belgier und Österreicher anwesend, die unsere Bekannten ebenfalls nur aus dem Internet kannten. Gemeinsam mit all diesen Leuten zogen wir schließlich mit der S-Bahn in das neue Stadion am Stadtrand. Das alte „Ali Sami Yen“ wurde erst wenige Monate vorher geschlossen, da es baulich und sicherheitstechnisch einige Mängel aufwies. Die neue „Türk Telekom Arena“, die nebenher noch ebenfalls „Ali Sami Yen“ heißt, ist ein sehr modernes Stadion mit mehr als 52.000 Plätzen. Die Anreise gestaltete sich entspannt, die Mehrheit der Galatasarayfans wollten zwar unbedingt den Sieg gegen den Stadtrivalen, von einer aggressiven Grundstimmung konnte allerdings keineswegs gesprochen werden. Wir fühlten uns zu keinem Zeitpunkt unwohl, wurden stets freundlich behandelt und immer wieder nach unserer Herkunft und „unserem Verein“ befragt. Für Fußballfans wirkten die meisten Leute, die wir getroffen hatten, ausgesprochen locker und offen – aus anderen Ecken der Welt kennt man das ja durchaus auch anders.
Nach der bis dahin desaströsen Saison sollte schließlich das Derby die Fans für die bittere Spielzeit entschädigen. In unserer Bezugsgruppe fotografierte man sich während der Anreise in unzähligen Varianten immer wieder gegenseitig: im Restaurant, in der Bahn und natürlich vor dem Stadion.
Bereits zwei Stunden vor Spielbeginn gingen wir dann ins Stadion. Unser Platz war im Oberrang und befand sich nur wenige Meter neben dem Gästeblock. Die Fenerbahçefans, die mit Bussen anreisen mussten, waren bereits vor Ort, so dass sich Heim- und Gästefans bereits lange vor Anpfiff ausführlich bepöbeln konnten. Schon jetzt konnte erahnt werden, dass die Stimmung beim wichtigsten Derby den Erwartungen gerecht werden dürfte. Dass einige der Pöbeleien sexistischer bzw. homophober Natur sein würden, hatten wir allerdings ebenfalls erwartet. Penetrierungsgesten erfreuten sich auf beiden Seiten größter Beliebtheit. Unsere türkischen Begleiter verstanden unsere Bedenken eher weniger, allerdings waren wir auch nicht davon ausgegangen, dass wir Einfluss auf Derartiges haben würden.
Zum Einlaufen der Teams hatte UltrAslan, wohl eine der größte Ultragruppen überhaupt, eine pompöse Choreo im ganzen Stadion organisiert. Überall wurden gelbe und rote Pappschilder hochgehalten und mehrere Blockfahnen mit Schriftzügen bzw. Logos der Gruppe aufgezogen. Immer wieder wechselten sich äußerst martialisch wirkende Schlachtrufe mit sehr melodischen Gesängen ab, die oft vom ganzen Stadion getragen wurden. Kurz vor Anpfiff wurde zudem ein Lautstärkerekord aufgestellt. Mit 131,76 Dezibel wird das Spiel nun im Guinessbuch der Rekorde erwähnt. Die etwa 2.200 Fenerbahçefans waren ebenfalls immer wieder zu hören; eine Schalparade oder Hüpfeinlagen waren gut anzusehen. Da vor dem Gästeblock Plastikscheiben waren, gab es keine Würfe auf die bzw. von den Gästefans. Während des Spieles wirkte die Mannschaft von Galatasaray unsicher und nervös; die Galatasarayanhänger wurden ebenfalls unruhiger und erhöhten den Druck auf die Spieler.. Entsprechend groß war dann die Erleichterung als das Tor zum 1:0 fiel. Mit dem Torjubel war der ganze Frust der Saison vergessen; das scheinbar einzig wichtige, nämlich dem Rivalen die Meisterschaft zu versauen, schien möglich. In der zweiten Halbzeit gelang Fenerbahçe schließlich der Ausgleichstreffer, so dass der Gästeblock mächtig am Durchdrehen war. Galatasaray erarbeitete sich aber immer wieder Chancen; drei Tore wurden ihnen wegen Abseits nicht gegeben. Die Aggressivität stieg; immer wieder flogen Gegenstände auf den Platz – darunter zwei Glasflaschen in der Nähe des Torhüters. Und schließlich kam, was irgendwie schon in der Luft lag: Fenerbahçe erzielte kurz vor dem Spielende den 1:2 Führungstreffer und gewann schließlich das Spiel. Die Wut und die Enttäuschung bei den Galatasarayfans war grenzenlos, die Stimmung gereizt und einige weinten.
Trotz des aus unserer Sicht ärgerlichen Spielverlaufes war das Spiel ein absolut großartiges Erlebnis. Eine solche Atmosphäre braucht den Vergleich mit anderen großen Derbys der Welt nicht zu scheuen. Aufgrund der Wurfgeschosse auf die Spieler wurde im Anschluss an das Spiel diskutiert, ob das Derby in Zukunft ohne Gästefans stattfinden soll, was äußerst ärgerlich wäre. Nach dem Spiel gab es zwar noch kleinere Auseinandersetzungen; insgesamt blieb es aber friedlich.

Da wir ohnehin in der Stadt waren und am gleichen Wochenende Beşiktaş gegen den damals im oberen Drittel spielenden Verein Kayserispor antreten würde, besuchten wir zusammen mit einem Freund, der schon als Kind zu Beşiktaş ging, das Fiyapi-Inönü-Stadion. Die baufällige Heimstätte des Vereins ist direkt am Wasser gelegen, so dass man von den Rängen aus auf den Bosporus sehen konnte. Dieser Charme war an jenem Tag allerdings durch den anhaltendenden Regen getrübt. Beşiktaş hatte zu diesem Zeitpunkt ebenso wie Galatasaray eine enttäuschende Saison hinter sich, aber hoffte noch auf einen Europa-League-Platz. Çarşı, die Fans des Gastgebers, waren zu diesem Zeitpunkt untereinander sehr verstritten. Einer der Amigos (in etwa: Capo) hatte wenige Wochen vorher einen anderen wichtigen Chef in der Fanszene angeschossen. Laut Gerüchten ging es wohl darum, dass dieser jenen beleidigt haben sollte. Die Konfliktlinien ziehen sich aber durch politische Fragen; so ist der Hauptteil der Fans eher links, leicht antirassistisch (einer der Amigos war sogar ein Armenier) und ein anderer Teil der Kurve war eher nationalistisch geprägt, wobei gerade in der Türkei die Linke alles andere als antinationalistisch ist. Um finanzielle Fragen ging es ebenfalls, so dass es für Außenstehende kaum erkennbar ist, wer sich da mit wem und warum überworfen hatte. Im Stadion selber gab es daher drei verschiedene Fanblöcke: auf der Numeralitribüne, die die gesamte Gegengerade umfasste, befand sich der Großteil der Fans; in der Kurve befanden sich im Oberrang bzw. im Unterrang jeweils zwei kleinere Gruppen, die um durchgängigen Support bemüht waren. Von den Gästen gab es knapp 40 Fans. Zu Beginn des Spieles gab es einige sehr nette melodische Wechselgesänge zwischen den einzelnen Gruppen bzw. Blöcken; beeindruckend war es vor allem, wenn alle zusammen etwas sangen, was leider zu Beginn des Spieles kaum vorkam. Der Spielverlauf war für Beşiktaş äußerst günstig; schnell lag man deutlich vorne. Hugo Almeida, der kurz vorher an den Bosporus wechselte, erzielte in diesem Spiel zwei Tore, was bei Werder schon länger nicht mehr vorgekommen sein dürfte, und wurde von den Fans mit neukreiierten Liedern besungen. Die zu Spielbeginn eher lasche Stimmung wurde immer besser und man konnte erahnen, wie Çarşı zu Bestzeiten das eher kleine Stadion zum Beben bringen konnte. Beşiktaş gewann das Spiel schließlich und zu jedem Zeitpunkt ungefährdet mit 4:2. Daraufhin wurden einige Bengalos gezündet und nach dem Spiel die Mannschaft lange gefeiert. Der Regen war vergessen und die Chance auf einen internationalen Wettbewerb blieb zum damaligen Zeitpunkt gewahrt. Beşiktaş schaffte dann letztendlich doch nicht den Einzug in die Europa League, so dass nun weder Galatasaray noch Beşiktaş nach Deutschland kommen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass ein Team von beiden im Jahr darauf in der Nähe – vielleicht sogar in Bremen – spielen wird. Ich bin dann auf jeden Fall dabei.

Ein Fußballausflug in die Türkei lohnt sich also auf jeden Fall. Karten für normale Spiele kann man sich relativ einfach besorgen; für das Derby ist es allerdings sehr viel schwieriger – aber lohnenswert ist es allemal. Doch auch Heimspiele der drei Istanbuler Mannschaften gegen eher unbedeutende Gegner sind es wert vorbeizuschauen.
Arik
 


Re: Hoppingberichte

Beitragvon Arik » Fr 24. Jun 2011, 17:53

Hab ich schonmal erwähnt, dass ich mal wieder Lust auf Istanbul habe?

http://www.youtube.com/watch?v=tTDnC2uo ... ded#at=155
Arik
 

Re: Hoppingberichte

Beitragvon macaco » Sa 25. Jun 2011, 15:17

Istanbul?
Morgen ist Uni-Finale :mrblue: :mrred:
Bild
El equipo unido, jamás será vencido.
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Re: Hoppingberichte

Beitragvon Saalenser » Sa 25. Jun 2011, 17:27

Das wäre nie Riesensache, wenn 30-50 Leute spontan nen Flieger zum Bosporus nehmen und dann die MLU im Finale supporten würden. Am Besten mit Choreo und Pyroshow. :lol:

Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Lust auf Maxglan habe?
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Re: Hoppingberichte

Beitragvon Saalenser » So 24. Jul 2011, 15:25

Erfurt - Jena 3:0 Zug verpasst, im Loserblock gestanden, kein Programm bekommen - aber wenigstens Manu war gut.
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