Zum Thema Pauli Rostock gab es ja schon eine Stellungnahme,
der USP und des ständigen Fanausschusses der Paulianer.
Bemerkenswert ist hier, dass sich die St.Pauli Fans für ein Kartenkontingent von 1400 Karten
für die verfeindeten Rostocker stark machten.
Am Mittwoch, den 17.März, hat der ständige Fanausschuss eine
Stellungnahme zu den Geschehnissen im Vorfeld des Spiels gegen Hansa
Rostock publiziert. Der ständige Fanausschuss ist ein Gremium, in dem
viele verschiedene Fanorganisationen und Institutionen des Vereins
zusammenkommen, um sich über Themen, die die Fanszene bewegen,
auszutauschen. Unter anderem beispielsweise der Fanclubsprecherrat,
der alle in Fanclubs organisierten Fans vertritt. Auch USP ist Teil
dieses Gremiums. Wir verbreiten daher die Stellungnahme auch durch
unsere Medien und möchten ein paar eigene Worte hinzufügen, um die
Position der Gruppe zu einigen konkreten Fragen deutlich zu machen.
Wir bedauern sehr, dass es wieder einmal zu so einer öffentlichen
Auseinandersetzung kommen musste.
Wir halten die aktuelle Lösung aus verschiedenen Gründen für die
schlechteste aller möglichen.
Zum einen verfehlen die Ansätze das genannte Ziel eines
„friedlichen Spiels“ völlig. Die Hansa-Fans, die nun ihrer
gesamten Ausdrucksmöglichkeiten im Stadion beraubt werden, werden
versuchen, diese „Punkte“ anders zu machen. Ein Bärendienst für
Fans und Viertel. Abgesehen davon geht es jedoch vor allem um den
einen zentralen Punkt: Unser Verein spielt bei einer Entwicklung mit,
die noch viel Unheil über die Fußballfans in Deutschland bringen
wird. Wenige Male wurde probiert, Fans das Besuchen von
Auswärtsspielen zu verbieten. Immer gab es darum große Diskussionen.
Gerade unser Verein soll nun der erste sein, der diesen Irrsinn der
Polizei nicht nur erdulden muss und erduldet, sondern sich aktiv an
dieser „Lösung“ beteiligt, das Spiel mitspielt. Darüber sind wir
tief enttäuscht.
Gut bei Sankt Pauli ist, dass die Fans durch die Mitarbeit in Gremien
für gewöhnlich sehr gut über die Abläufe im Verein informiert
sind. Es sind in den letzten Wochen in der Führung des Vereins aus
unserer Sicht sehr zweifelhafte Dinge passiert. Wir unterstellen dem
Präsidium des FC St. Pauli zurzeit keinen bösen Willen oder
schlechte Absichten, denn wir haben in den Gesprächen den Eindruck
gewonnen, dass dort durchaus ein Problembewusstsein vorhanden ist.
Trotzdem erachten wir es als skandalös, wie aktuell gehandelt wird.
Die Motivationslage der Polizei ist eindeutig und fast täglich
meldet sich die Gewerkschaft der Polizei mit einer noch absurderen
Forderung nach Beschränkungen, Strafverschärfung, Geisterspielen
oder Abschaffung der Stehplätze in den Stadien. Und wenn sie nicht
damit beschäftigt sind, neue Horrorszenarien zu entwerfen, dann
betteln sie um Geld, damit bald jeder Fußballfan nicht von zwei,
sondern von drei Beamten begleitet werden kann. Das alles ist aber
nicht neu und überrascht nicht – wir werfen ja auch dem Schwein
nicht vor, dass es rosa ist. Neu ist die bittere Erkenntnis, dass
gerade der FC St. Pauli dort mitspielt, eine „einvernehmliche“
Lösung findet und uns das sogar noch als Erfolg für „Fanrechte“
verkaufen will. Adressat unserer Kritik ist daher aktuell das
Präsidium. Wir haben es mit einer elementaren Bedrohung unserer
Fankultur zu tun und erwarten von unserem Verein, dass er diese
Entwicklung nicht „einvernehmlich“ mitträgt, sondern
skandalisiert, sie öffentlich macht und dagegen vorgeht. Wenn der
Verein eine Verfügung der Polizei kassiert und diese nach einer
misslungenen Klage vor Gericht umsetzen muss, dann sollte dies genauso
kommuniziert und skandalisiert, aber doch nicht mitgetragen werden.
Wir fordern euch alle auf, im Rahmen eurer Möglichkeiten aktiv zu
werden. Es geht nun darum, das Thema in den öffentlichen Diskurs zu
bringen, es in den Medien zu diskutieren, in Fankreisen aufzugreifen
und Druck auf unseren Verein zu entwickeln, damit er vielleicht doch
noch den Entschluss fasst, gegen das Diktat der Polizei vorzugehen. Es
wäre das so wichtige Zeichen an seine Fans, auf welcher Seite er
steht. Der Verein hat in der Vergangenheit viele gute Dinge auf den
Weg gebracht und in der Regel bewiesen, dass er sich auch seinen Fans
verpflichtet fühlt. Wir hoffen, dass in dieser elementaren Frage
nicht alles kaputt gemacht wird.
Die Zeiten sind absurd für Fußballfans. Einzelne Verfehlungen
werden von der Polizei und ihrer Lobby für erschreckende und
weitreichende Beschneidungen von Fankultur genutzt. Nicht im Sinne der
Fans, nicht im Sinne der Vereine. Daher gilt umso mehr: Nichts ist
schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen
Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!
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Stellungnahme des Ständigen Fanausschusses zur Reduzierung des
Gästekartenkontingentes für das Spiel FC St. Pauli gegen Hansa
Rostock
Wir als Ständiger Fanausschuss, dem Zusammenschluss aktiver
Fangruppen des FC St. Pauli, nehmen zu den Vorgängen um die
Entscheidung zur Reduzierung des Kartenkontingentes für die Anhänger
des FC Hansa Rostock und die entsprechende Pressemitteilung des FC St.
Pauli wie folgt Stellung:
Nachdem der Ständige Fanausschuss von einem Antrag des Präsidiums
des FC St. Pauli an die DFL Kenntnis erlangt hat, keine bzw.
hilfsweise 500 Gästefans aus Rostock zuzulassen, und diese
Antragstellung von der DFL bestätigt wurde, kam es auf unsere
Initiative hin zu einem Gespräch zwischen Vertretern der
organisierten Fanszene und dem Präsidium des FC St. Pauli. In diesem
Gespräch wurde fanseitig eindringlich auf die Türöffnerfunktion
für künftiges restriktives Vorgehen bei der Kartenvergabe für
Auswärtsspiele hingewiesen. Daraufhin wurde ein Kompromiss gefunden,
welcher einen Dialog mit Vertretern von Hansa Rostock mit dem Ziel
eines friedlichen Spieles bei gleichzeitiger Abkehr von einer
Reduzierung des Gästekontingentes vorsah.
Dieses Gespräch fand am 9. März unter Beteiligung der
Vereinsführungen, Fanprojekte sowie von Vertretern der Fans beider
Vereine statt. Ergebnis des Gesprächs war ein von allen Beteiligten
getragener Kompromiss, welcher neben konkreten Regelungen zur An- und
Abreise u.a. ein Gästekontingent von 1.400 Karten vorsah. Explizit
angekündigt wurde vom Präsidium des FC St. Pauli, mit juristischen
Mitteln gegen einen drohenden Ausschluss der Gästefans vorzugehen.
Mit großer Verwunderung mussten wir am Montag zur Kenntnis nehmen,
dass das Präsidium des FC St. Pauli von dieser gemeinsam getroffenen
Entscheidung abgerückt ist und sich stattdessen in einem
„einvernehmlichen Gespräch“ mit der Hamburger Polizeiführung auf
eine abweichende Regelung geeinigt hat: Statt der gemeinsam
vereinbarten 1.400 Gästekarten sollen nunmehr nur noch 500 Karten
verkauft werden, und auch diese nur nach Vorlage eines
Personaldokumentes. Es ist nicht hinnehmbar, dass auf Druck der
Hamburger Polizei von der mit der eigenen Fanszene und Vertretern des
FC Hansa Rostock gemeinsam getroffenen Vereinbarung abgewichen wird.
Geradezu skandalös ist es, eine solche Regelung noch als
„weitestgehend mögliche Wahrung von Fanrechten“ zu bezeichnen.
Wir fordern das Präsidium des FC St. Pauli auf, unverzüglich zur
gemeinsam beschlossenen Linie zurückzukehren und alle erforderlichen
Rechtsmittel gegen die polizeiliche Verfügung einlegen.
Andernfalls werden wir auf verschiedenen Wegen deutlich machen, dass
wir diese massive Einschränkung elementarer Fanrechte nicht
unwidersprochen hinnehmen.
Hamburg, 17.03.2010
Ständiger Fanausschuss des FC St. Pauli