Das Zauberwort heißt Improvisation
von Michael Pietsch
Christian Sund ist beim VfL Kapitän
und Abwehrchef. (FOTO: ARCHIV/LÖFFLER)
HALLE/MZ. Mittwoch gegen 17.30 Uhr im Stadion am Zoo: Beim VfL Halle 96 ist alles in bester Ordnung. Endlich. Nach einigen Disputen darüber, wer neben wem stehen soll, ist alles bereit, um das Mannschaftsfoto für Programmheft und Internet-Präsentation zu schießen. Mit freundlichen Gesichtern schauen sie in die Kamera, die Spieler und Trainer des Fußball-Oberligisten. Traditionell in Blau-Rot gekleidet. Es ist alles in bester Ordnung - auf dem Bild.
Was auf dem Foto nicht zu sehen ist: Beim Verein aus Halles Norden läuft es alles andere als rund. Am Sonntag um 14 Uhr empfängt die Mannschaft von Trainer Torsten Weber den FSV Luckenwalde, der von der Nord- in die Südstaffel der NOFV-Oberliga wechselte. Doch es gibt diverse Sorgen.
Baustelle 1: die Mannschaft
Ende der letzten Saison waren sich die Insider einig: Dieser VfL zählte zu den positiven Überraschungen. Auch wenn ihm in der Rückrunde die Luft ausging und er nur auf Rang elf einkam. "Wir sind in der Hinrunde sogar auf dem vierten Platz aufgetaucht. Damit konnten wir die Skeptiker, die uns vorher als ersten Absteiger eingestuft hatten, eines Besseren belehren", sagt Christian Sund. Er ist auch in der neuen Saison Mannschaftskapitän des VfL. "Dass wir im Frühjahr Probleme bekamen, lag nicht zuletzt an den vielen Spielen in kurzer Folge." Zudem stellten sich die Gegner auf die VfL-Taktik ein. "Man muss aber auch sehen, dass wir viele Spiele mit nur einem Tor Unterschied verloren haben."
Ein Grund: die fehlende Torgefahr aus dem Mittelfeld heraus. Für Coach Weber war dies der Ansatzpunkt, genau hier Verstärkungen zu suchen. Martin Wehlert kam vom HFC II, Sascha Rohde von Landespokalfinalist Germania Halberstedt, Benito Baez-Ayala vom Liga-Konkurrenten VfB Pößneck und Stephan Neigenfink vom FC Sachsen Leipzig zurück. Sie sollen Nico Stein im zentralen Mittelfeld entlasten. Wobei momentan die Betonung auf sollen liegt. Denn durch späte Vertragsabschlüsse und Verzögerungen bei der Bearbeitung im Landesverband standen auch Mittwoch hinter Neigenfink, Ayala und Rohde für das Spiel am Sonntag noch Fragezeichen. Ein weiteres Problem: Der geplanten Verpflichtung des Ex-HFCers David Reich vom VfB Pößneck muss erst das VfL-Präsidium zustimmen, weil der Abschluss an die Grenze der finanziellen Machbarkeit ginge.
Weber wird also zum Improvisieren gezwungen sein. "Ich bin froh, wenn ich die Neuverpflichtungen im Pokalspiel nächste Woche dabei habe. Mit ihnen haben wir eine deutlich höhere Qualität als letzte Saison. Wenn sie denn spielen können."
Baustelle 2: das Trainerteam
Die Planungssicherheit von Chefcoach Torsten Weber während der ohnehin kurzen Vorbereitungsphase hielt sich in Grenzen. Ein großes Manko: Sein bisheriger Co-Trainer Alex Jahnke ist zum FC Grün-Weiß Wolfen gewechselt. So übernimmt zunächst der bisherige Torwarttrainer Steffen Hammer, zudem Coach der C-Jugend, die Aufgabe. Eine endgültige Lösung steht noch aus. Aus Webers Antwort auf die Frage nach dem Saisonziel spricht, selbst wenn er das nicht zugibt, eine Spur Verunsicherung: "Ich stelle nur Teilziele. Erstmal müssen wir gut aus den Startblöcken kommen. Dann sehen wir weiter."
Baustelle 3: die Klubführung
Nach dem Rückzug von Vizepräsident Karsten Slansky existiert ein Vakuum im Klub-Management. "Dieser Rücktritt hat uns kalt erwischt, und das in der wichtigen Phase der Kaderplanung", sagt Kapitän Sund. Die Folge: Andere mussten einspringen. So kümmerten sich VfL-Präsident Frank Sänger und Abteilungsleiter Thilo Knade um dieses Feld. Was allerdings, auch aufgrund fehlender Erfahrung, Verzögerungen mit sich brachte. Mittwochabend tagte das VfL-Präsidium, um eine praktikable Lösung in dieser brisanten Frage zu finden. Ergebnisse gab der Klub nicht mehr bekannt.
Baustelle 4: das Fan-Potenzial
Der VfL 96 hat in der Saalestadt nur einen sehr geringen Zuschauerzuspruch, in der Regel kommen kaum mehr als 300 Fans. "Es ist schade, aber wir haben uns daran gewöhnt und können nur versuchen, mit attraktivem Fußball einige Leute mehr an den Zoo zu locken", sagt Sund. Er nimmt damit sein Team in die Verantwortung. Zugleich freut sich der 24-Jährige auf die Spiele bei zuschauerreichen Klubs wie Auerbach oder Zwickau.
Es gibt viele Sorgenfalten beim VfL. Wichtig, sagt Kapitän Sund, sei deshalb, dass es in Team und Verein passt, sie ein gutes Bild abgeben - ganz wie auf dem Mannschaftsfoto.
Quelle: http://www.mz-web.de
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