Einfach verantwortungslos
VfL-er Patrick Selle (rechts) drückt den Ball vor Luckenwaldes Benjamin Dowall
zum 1:0 für die Gastgeber über die Linie. (FOTO: ANDREAS LÖFFLER)
HALLE/MZ. 285 Zuschauer verloren sich Sonntagnachmittag im VfL-Stadion. Viel zu wenig für einen angenehmen Sonntag im August, nicht zu heiß, ohne Regengefahr. Bestes Fußball-Wetter also. Dazu der Start in eine Saison, der jeden Fan neugierig machen müsste, wie die neu zusammengestellte Mannschaft denn nun tatsächlich funktioniert. Aber viel mehr Fans können eben auch nicht kommen, wenn zeitgleich ein paar Kilometer entfernt das Derby in Ammendorf gegen die zweite HFC-Mannschaft stattfindet. Am Ende konnten die Treuesten der Treuen dann noch nicht einmal über einen Sieg jubeln. Gegen den FSV 63 Luckenwalde reichte es nur zu einem 1:1.
"Na ja, Luckenwalde ist ja eine gestandene Mannschaft", sagte VfL-Trainer Torsten Weber und mühte sich, nicht gar so unglücklich über das Unentschieden dreinzuschauen. Luckenwalde war in der letzten Saison Vierter in der Nord-Staffel der Oberliga mit insgesamt 53 Punkten. Das Team ist also beileibe keine Laufkundschaft. Trotzdem: "Wir haben das Spiel ganz klar im Griff, eine Vielzahl dickster Torchancen. Das müssen wir ganz klar gewinnen", sagte Weber energisch. Widerspruch zwecklos.
Eine Viertelstunde brauchte die Mannschaft vom Zoo, dann hatte sie ins Spiel gefunden und die anfänglichen Abstimmungsprobleme zwischen Abwehr und Mittelfeld sowie zwischen Mittelfeld und Angriff abgestellt. Und dann fiel in der 38. Minute auch ein wunderschönes Tor. Ein langes Solo an der Außenlinie, Flanke, noch ein Querpass, dann stand Patrick Selle am langen Pfosten und traf. "Klasse. So stelle ich mir das vor", sagte Weber. Richtig begeistert diesmal.
Und so ging es zunächst auch in der zweiten Halbzeit weiter. Chancen über Chancen für den VfL, doch vor allem Robin Huth wusste damit wiederholt nichts anzufangen. Weber fand dafür nur ein einziges, schonungsloses Wort: "Verantwortungslos." Und so kam es, wie es kommen musste: Eine Aktion von Huth im eigenen Strafraum bewertete Schiedsrichter Stefan Kleinschmidt aus Mühlhausen als elfmeterwürdig. Michael Braune verwandelte in der 64. Minute.
Dass Huths Aktion aus Sicht der VfLer ein ganz normaler Zweikampf im Strafraum war, erhitzte hinterher noch am allerwenigsten die Gemüter. Aber richtig ärgerlich war, dass es Luckenwaldes einzige Torchance überhaupt im gesamten Spiel war. So hieß es am Ende eben nur 1:1 statt eines möglichen und machbaren 3:1 oder 4:1. Nur ein Punkt blieb statt der fest eingeplanten drei zum Start in die Saison im Stadion am Zoo.
Wenigstens sieht Torsten Weber nun etwas klarer über seine Mannschaft, die nach einigen Pannen mit den Spielberechtigungen der Neuzugänge am Sonntag noch immer nicht ihr endgültiges Gesicht hatte. "Ich wusste seit Mittwoch, mit wem ich zum Saisonstart rechnen kann. Damit konnte ich leben", sagte Weber. Und er freute sich vor allem über seinen Rückkehrer Stephan Neigenfink. Der spielte nach einem weitgehend verlorenen Jahr bei Sachsen Leipzig auf Anhieb wieder so, als wäre er nie weg gewesen, bewies immer wieder den Blick für den Nebenmann. "Er braucht natürlich noch Spielpraxis, die er auf der Bank in Leipzig nicht hatte. Bei mir bekommt er sie", sagte Weber. Das ist durchaus als Kompliment zu verstehen für den Heimkehrer, der am Sonnabend 20 Jahre alt wird.
Bliebe noch der Ärger über die ungeschickte Anstoßzeit. "Ich kann das nicht nachvollziehen. Es ist schade, wenn wir uns gegenseitig die wenigen Fans in Halle wegnehmen. Wir sind ja auf die Unterstützung von den Zuschauern angewiesen. Hier müssen wir alle zusammen einfach flexibler werden", kritisiert Weber. Spieltermine festzulegen, das ist schließlich Sache der Vereine. Die Suche nach fadenscheinigen Gründen erübrigt sich da. "Es kann nicht daran liegen, dass die Ordnungskräfte mit zwei unterschiedlichen Spielterminen am Wochenende überfordert sind."
Quelle: http://www.mz-web.de
Direkter Link zum Artikel