Hier der von der Ultragruppe "Red Kaos" aus Zwickau erbetene Bericht zu unserem Spiel. Der Bericht erschien eine Woche nach dem Spiel in deren Fanzine:
Nach ziemlich öden Spielen gegen unattraktive Gegner – darunter die lästigen Zweitvertretungen in der Liga – war die Vorfreude auf das Spiel gegen Zwickau groß. Nach unseren Erfahrungen im Vorjahr war wieder mit einem größeren Haufen an Gästefans am heimischen „Stadion am Zoo“ zu rechnen. Während beispielsweise „Sachsen Leipzig“ lediglich mit ca. 100 Fans nach Halle kam, so wussten wir, dass der „FSV“ 150 Leute und ordentlich Stimmung mitbringen wird. Die Heimspiele des „VfL“, dem mit großem Abstand ältesten halleschen Fußballclub, ziehen leider oft nur 200 bis 300 Leute an, von denen ca. 50 bis 80 im Fanblock stehen. So viele Gästefans wie an diesem Tag sind daher neben der Stimmung vor allem auch ein finanzieller Pluspunkt. Da einige der letzten Spiele der 96er eher mau waren und die Spieler nicht besonders motiviert wirkten, war es für die Mannschaft wichtig zu sehen, dass die Fans auch in einer solch schlechten Phase kommen und alles geben, um die Jungs nach vorne zu peitschen. Als Einlaufchoreo haben sich bei uns Schnipsel und Kassenrollen etabliert, die auch zu diesem Spiel eingesetzt wurden. Im Laufe der Zeit haben wir ein großes und kreatives Repertoire an Liedern entwickelt, die gerne, aber meist nicht besonders ausdauernd, gesungen werden. Inhaltlich geht es bei den Gesängen neben der Mannschaft häufig um Bier oder um selbstironische Persiflagen. Zum Beispiel pflegen die Fans vom Glauchaer Verein (dieser heißt wohl „HFC“), uns als „Affen“ zu beleidigen. Daraufhin entwickelten sich diverse Lieder, in dem wir diese Bezeichnung adaptieren. Auch ist es uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass „Pilsbiertrinker […] keine Verbrecher [sind]“. In der Fanszene des „VfL“ gibt es keine Ultras oder andere organisierte Fanclubs. Vielmehr sind es lose Zusammenhänge, die unter verschiedenen Begriffen wie „Zoofront“ oder „Sufftras 96“ zusammengefasst werden. Viele der Fans sind eher links geprägt; grundsätzlich spielen politische Statements allerdings keine Rolle. Nicht als Politik sondern als Selbstverständlichkeit begreifen wir dagegen das Eintreten gegen Nazis, sofern sie sich im Stadion als solche zu erkennen geben bzw. Propaganda betreiben. Zum Glück sind wir meist von solchen Deppen verschont, da sie den anderen Verein in Halle, der übrigens derzeit nicht das größte Stadion der Stadt hat, ungleich anziehender finden. Während sich die „Saalefront-Ultras“ eher wenig für uns interessieren, ist es vor allem deren Nachwuchsorganisation, die „Jugendbande“, die gelegentlich beim „VfL“ vorbei schaut. Da viele ihrer Mitglieder im gesamten Stadtgebiet Naziaufkleber verteilen, antisemitische Graffiti sprühen und Nazilieder grölen, zählen sie nicht zu unseren beliebtesten Gästen. Zentrale Aspekte unserer Fankultur sind Saufen und Bier. Regelmäßig geht es allerdings auch um guten Support, der nicht immer besonders verbissen und bierernst daherkommt. Die Unterstützung des Teams, gerade wenn es nicht besonders gut läuft, ist uns sehr wichtig. Eher selten äußern wir uns öffentlich zu politischen oder gesellschaftlichen Themen. Eines der letzten Male, als dies geschah, war übrigens zum Heimspiel gegen den „FSV Zwickau“ in der letzten Saison. Damals zeigten wir eine Tapete mit: „Zwicke und Malz. Gott erhalt´s!“. Lose Kontakte pflegen einige der Leute, die schon länger zum „VfL“ gehen, zu den Fans des „Wuppertaler SV“, nicht zuletzt deswegen, da man die gleichen Farben und den gleichen Stadionnamen („Stadion am Zoo“) hat. Grundsätzlich haben wir zu keinem Verein ein ausgesprochen feindseliges Verhältnis; wenngleich wir auch unsere Lieblingsgegner haben. Optisch setzen wir bei unserem Support auf Zaunfahnen und einen bunten Block. Im Spiel gegen den „FSV“ hatten wir rote und blaue Luftballons, die wir gleichzeitig in die Luft steigen ließen. Die im Anschluss eingesetzten Folienfahnen wirkten ebenfalls sehr gut. Da ärgerlicherweise jede Form von Pyrotechnik im Stadion verboten ist und wir uns keine finanziellen Strafen leisten können, sahen wir uns gezwungen, legale Alternativen zu entwickeln. So ließen wir zeitgleich Bäckertüten knallen, die zwar nicht so schallern wie ordentliche „La Bombas“ aber trotzdem gut Krach machen. Als wir dies bereits vor einigen Monaten machten, schrieb ein Schiedsrichter ins Spieleprotokoll, dass Knallkörper gezündet wurden. Zum Spiel gegen den „FSV“ zeigten wir daher nach dem Knallen der Papiertüten ein Spruchband mit der Aufschrift: „Papyrustechnik ist kein Verbrechen“, was wir dazu auch riefen. Gesanglich versuchten wir zwar mit den Zwickauer Fans mitzuhalten, gegen eine so große Fanszene konnten wir uns akustisch nicht besonders häufig durchsetzen. Als die Ordner zunächst den Vorsänger von „Red Kaos“ vom Zaun ziehen wollten, äußerten wir unseren Unmut, indem wir sangen „Lasst sie auf den Zaun!“ bzw. „Auf die Zäune!“, wobei einige bei uns ebenfalls auf die Zäune kletterten.
Bis auf die letzten fünf Minuten war der Spielverlauf sehr optimal. Unsere Jungs wirkten motiviert, kämpften um die Bälle und konnten sich einige Chancen erarbeiten; ließen aber auch einige Chance zu. Das 1:0 war lange Zeit verdient, aber auch auf wackligen Beinen. Wenn man dann kurz vor Ende den Ausgleich bekommt und sich gerade im Abstiegskampf befindet, sind die beiden verlorenen Punkte besonders ärgerlich. Allerdings ist ein Punkt mehr, als nach den letzten Spielen erwartet werden konnte. Insgesamt war es ein gelungener Tag: Super Stimmung in beiden Blöcken und wenigstens ein Punkt. Zwickau kann gerne wieder kommen.